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Praxisnah und beteiligungsorientiert: Neue Handlungshilfe zur Gefährdungsbeurteilung „Arbeitszeit“

Interview mit TBS-Beraterin Stefani Mehring über ein neues, von der TBS entwickeltes Verfahren

Liebe Stefani, jetzt liegt sie vor: Die Handlungshilfe zur Entwicklung einer Gefährdungsbeurteilung „Arbeitszeit“. Was hat dich und die TBS dazu bewogen, ein eigenes Instrument zur Ermittlung von Gesundheitsgefährdungen zu entwickeln?


Bisher existierten nur wenig praktikable Instrumente. Das hat häufig zu ganz praktischen Problemen geführt. So integrieren wir in jede Betriebsvereinbarung oder Dienstvereinbarung „Arbeitszeit“ die Forderung, es müsse eine Gefährdungsbeurteilung zur Arbeitszeit durchgeführt werden. Viele Arbeitgeber wissen dann leider häufig nicht, wie und womit sie das erreichen können. Zudem haben uns auch verschiedene Interessenvertretungen auf dieses Thema angesprochen. Deshalb haben wir uns innerhalb der TBS dazu entschieden, selbst ein solches Instrumentarium zu entwickeln. Das Ziel sollte ein praxisbezogenes und beteiligungsorientiertes Verfahren sein, das einen schnellen Überblick über mögliche Risiken und Gefährdungen erlaubt.

Wie muss man sich einen solchen Prozess von der ersten Idee bis zur Evaluation des Fragensets vorstellen?


Aufgrund meiner langjährigen Beratungstätigkeit habe ich einen guten Einblick in die praktischen Anforderungen von Interessenvertretungen und Arbeitgebern an Instrumente der Gefährdungsbeurteilung erhalten. Hinzu kommt, dass die Gestaltung der Arbeitszeit starke Auswirkungen auf die Gesundheit der Beschäftigten hat. Das Thema geht also alle im Unternehmen an. Deshalb war uns die Entwicklung eines beteiligungsorientierten Verfahrens so wichtig. Umso mehr hat es mich gefreut, dass das Landesamt für Arbeitsschutz und Arbeitsgestaltung NRW (LIA) Empfehlungen für eine ganzheitliche Analyse zur Arbeitszeit veröffentlicht hat, die unserem Ansatz sehr entgegenkamen. Diese Empfehlungen haben wir in Abstimmung mit dem LIA zur Grundlage genommen und um Fragen ergänzt, denen ich im Rahmen meiner Beratungstätigkeit häufig begegne. Das Gesamtkonzept haben wir dann mit internen wie externen Expert*innen minutiös diskutiert, bis das Endergebnis stand. Danach konnten wir mit der praktischen Erprobung des Verfahrens beginnen.

Welche Erfahrungen hast du im Rahmen der Erprobung des Fragenkatalogs gemacht?


Der Fragebogen hat sich für die Gremien wie für die Arbeitgebervertreter*innen als ein praxisorientiertes Instrument erwiesen. Die Verantwortlichen haben durch die vielfältigen Aspekte, die der Katalog berührt, ein Gespür dafür entwickelt, wieviel Fragen in ihren Betrieben eigentlich bisher ungeklärt sind. Der Fragebogen spielt also eine wichtige Rolle bei der Sensibilisierung für das Thema. Zudem ist die Beteiligung der Beschäftigten bei der Ermittlung von Risikofaktoren und positiven Ressourcen zielführend. In unseren Praxistests haben wir eine valide Grundlage für eine zukunftsorientierte gesunde Arbeitszeitgestaltung geschaffen.

Inwiefern erleichtert der Fragebogen auch deine Arbeit als Beraterin?


Er erleichtert meine Arbeit sehr. Mit dem Verfahren gibt es eine solide Grundlage für gezieltere Beratungen zur Arbeitszeitgestaltung und zur Gefährdungsbeurteilung „Arbeitszeit“. Zudem nutzen wir es in Seminaren für Interessenvertretungen. Wie es sich während der praktischen Erprobung gezeigt hat, kann es auch ein wichtiges Hilfsmittel für Arbeitgeber*innen sein. Deshalb laden wir auch sie dazu ein, dieses Fragenset zu nutzen. Gerne stellen wir den Fragebogen und die Einsatzmöglichkeiten interessierten Interessenvertretungen vor.