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Die 4-Tage-Woche als neue Vollzeit

Europaweit wird aktuell über die Einführung einer 4-Tage-Woche diskutiert. Einige Unternehmen haben bereits probeweise eine Verkürzung der Wochentage eingeführt und bleiben auch nach der Erprobung dabei. Vor allem, weil das neue Arbeitszeitmodell sehr gut bei den Beschäftigten ankommt. Welche Vor- und Nachteile ergeben sich dabei?

Welche Vorteile hat die 4-Tage-Woche

Pilotprojekte in Großbritannien und in Portugal haben gezeigt, wer in einem Arbeitszeitmodell mit einer 4-Tage-Woche arbeitet, ist zufriedener als in einer 5-Tage-Woche. Das sind auch die Wünsche zur Zeitautonomie, die Beschäftigte in der aktuellen Umfrage der Hans-Böckler-Stiftung genannt haben. Davon profitieren auch die Unternehmen. Beschäftigte sind motivierter, kreativer und leistungsbereiter. Weil sie ausgeruhter und zufriedener sind, kommt es zu weniger AU-Tagen. Vielfach steigt auch die Produktivität. Die 4-Tage-Woche steigert zudem die Attraktivität von Unternehmen als Arbeitgeber. Praxisbeispiele haben gezeigt, dass mit diesem Zeitmodell lange unbesetzte Stellen erfolgreich besetzt werden konnten.

Welche Modelle sind bekannt?

Bei der 4-Tage-Woche arbeiten Beschäftigte an 4 anstelle von 5 Tagen. Bei der Frage, wie lange die wöchentliche Arbeitszeit ist, unterscheiden sich die Modelle. Häufig gewünscht ist der zusätzliche freie Tag in Verbindung mit dem Wochenende. Abhängig von den betrieblichen Anforderungen kann dies schwierig für alle Beschäftigten umzusetzen sein. Eine Reihe Unternehmen bietet die 4-Tage-Woche mit verkürzter Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich an. Hier gibt es Beispiele, bei denen eine gesteigerte Produktivität die Kosten für den Lohnausgleich der Arbeitszeitverkürzung wett macht. Andere Unternehmen praktizieren das Modell, indem die Wochenarbeitszeit auf 4 Tage umverteilt wird. Hier fehlen die positiven Effekte einer reduzierten Arbeitszeit und es kommt durch lange Arbeitstage mit 9 bzw. 10 Stunden Arbeitszeit je Tag zu neuen Belastungen. In diesem Modell kommt es deshalb auch nicht zu Lohneinbußen. Hierbei handelt es sich nicht um eine „echte“ 4-Tage-Woche mit einer verkürzten Vollzeit.

4-Tage-Woche: Welche Nachteile bestehen?

Kritisch zu sehen sind 4-Tage-Wochen-Modelle, bei denen die „normale“ Arbeitszeit einfach nur umverteilt wird. Jenseits größerer Freizeitblöcke bieten sie wenige Vorteile. Auch die betriebliche Flexibilität leidet. Problematisch sind auch 4-Tage-Modelle, bei denen Gehalt und Arbeitszeit zu gleichen Teilen verringert werden. Die entstehenden Gehaltseinbußen sind für viele Beschäftigte nicht zu schultern. Aber auch eine Verkürzung der Arbeitszeit mit vollem Lohnausgleich kann durch Arbeitsverdichtung und den Wegfall von Zeit zum Austausch zwischen den Beschäftigten zu erheblichen Mehrbelastungen führen.

Was kann die betriebliche Interessenvertretung tun?

Der Betriebsrat kann für die Einführung einer 4-Tage-Woche und die Verringerung von Belastungen durch die Arbeitszeit betrieblich die Initiative ergreifen. Die TBS unterstützt dabei, gute Argumente, passende Arbeitszeitmodelle und Betriebsvereinbarungen zu entwickeln.