Nach Verabschiedung des E-Government-Gesetzes für NRW am 16. Juli 2016 nimmt die digitale Transformation der Landes- und Kommunalverwaltungen Gestalt an. Es ist wichtig, dass sich die Interessenvertretungen frühzeitig auf diese Entwicklung einstellen.
Die wichtigsten Fakten
Die Zeitrahmen für die Umstellung auf medienbruchfreie digitale Prozesse, die die elektronische Kommunikation zwischen Bürgerinnen und Bürgern, Unternehmen und Verwaltung verbessern sollen, sind gesteckt:
- Ab Januar 2018 sollen Behörden einen sicheren elektronischen Zugang zur Verwaltung eröffnen und De-Mail als gesicherten Kommunikationsweg anbieten.
- Zusätzlich soll die Annahme von elektronischen Nachweisen in elektronischen Verwaltungsverfahren ab diesem Datum möglich sein.
- Es läuft die Einführung von elektronischen Bezahlmöglichkeiten (E-Payment), die ab 2019 zur Verfügung stehen sollen.
- Die schriftliche Kommunikation zwischen Behörden soll ab sofort, der Aktenaustausch zwischen Behörden ab 01.01.2022 elektronisch erfolgen.
- Die Verpflichtung zur elektronischen Aktenführung für Landesbehörden greift ab dem 01.01.2022.
- Für die Umstellung auf die elektronische Vorgangsbearbeitung haben die Landesbehörden noch bis zum Januar 2031 Zeit.
Damit ist klar, die Umstellung von papierbasierten auf digitale Prozesse wird eines der bestimmenden Themen der nächsten Jahre für die öffentliche Verwaltung.
Herausforderung für Personalräte und die Beschäftigten
Dass die Digitalisierung der Verwaltung Veränderungen von Arbeitsroutinen, Arbeitsmitteln und Arbeitszeiten mit sich bringen wird, ist wahrscheinlich. Für die Personalräte und Beschäftigten ergeben sich daraus viele Fragen:
- Wie können wir dafür sorgen, dass künftig selbstbestimmter, ortsunabhängiger und gesünder gearbeitet werden kann, und wie verhindern wir belastende Arbeitsverdichtung?
- Nehmen lernende IT-Systeme uns die Arbeit weg, oder können auch innovative Verwaltungsarbeitsplätze entstehen?
- Kann ich Einfluss nehmen, damit attraktive und ergonomische Systeme und Benutzeroberflächen – und nicht die vermeintlich preiswerteste Lösung – Einzug halten?
- Wie muss qualifiziert werden, damit auch die Sorgen und Nöte der älteren oder nicht technikaffinen Beschäftigten berücksichtigt werden?
- Wie kann der Personalrat einen Prozess begleiten, der mehrere Wahlperioden umfasst?
Es ist nötig, sich jetzt mit diesen Fragen auseinanderzusetzen. Denn bereits heute beginnt die Erarbeitung von Lastenheften zur Ausschreibung und Beschaffung der Systeme, mit denen dann lange Zeit gearbeitet werden wird. Sind IT-Systeme erst einmal angeschafft, ist es in der Regel schwer, Verbesserungen von Prozessverläufen oder der Softwareergonomie durchzusetzen. Umgekehrt besteht heute für Personalräte und Beschäftigte der öffentlichen Verwaltungen die Chance, Einfluss zu nehmen auf
- die Gestaltung von Verwaltungsprozessen,
- die Verhinderung von Leistungs- und Verhaltenskontrollen,
- die Qualität der künftigen digitalen Arbeitsmittel,
- die Qualifizierungs- und Personalbemessungsstrategien
- und die Arbeitszeitgestaltung.
Personalräte und Beschäftigte können heute wichtige Grundlagen zur Steigerung der Arbeitsplatz-Attraktivität in der öffentlichen Verwaltung legen.
Ein Vorgehensmodell in sechs Handlungsschritten
Um den Interessenvertretungen die Arbeit zu erleichtern, haben wir ein Vorgehensmodell aus der Praxis für die Praxis entwickelt:
- Im ersten Schritt sieht es vor, Informationen zur geplanten Einführung von E-Government zu beschaffen.
- Im zweiten Schritt sollte der Personalrat die Auswirkungen dieser Einführung für die betroffenen Beschäftigten abschätzen.
- Im dritten Schritt sind Zielsetzungen festzulegen, die die Personalräte verfolgen wollen.
- Der Schritt vier konkretisiert Informations-, Beteiligungs- und Mitbestimmungsrechte und legt fest, wie der Personalrat diese wahrnehmen will.
- Im fünften Schritt werden eine plausible Beteiligungsstrategie entworfen und Zuständigkeiten im Gremium verteilt. Hierbei ist auch die langfristige Arbeitsfähigkeit des Gremiums über die Wahlperiode hinaus zu beachten.
- Der Entwurf und die Verhandlung von entsprechenden Dienstvereinbarungen stehen am Ende des Prozesses.
Gerne unterstützen die TBS-NRW-BeraterInnen Personalräte und Dienststellen als Sachverständige und Moderatoren.