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Quiet Quitting: Überforderung reduzieren, Gesundheit stärken

Quiet Quitting ist ein Trend in den USA, der eine veränderte Arbeitseinstellung bezeichnet. Ein Teil der Beschäftigten hat sich von der Überzeugung verabschiedet, über das eigene Limit hinauszugehen. Sie machen keine Extra-Arbeit, gehen pünktlich in den Feierabend, bearbeiten in ihrer Freizeit keine dienstlichen E-Mails und leisten keine „freiwilligen“ Überstunden. Hierbei handelt es sich keinesfalls um eine „innere Kündigung“, wie der Begriff „Quiet Quitting“ suggeriert. Die Beschäftigten nehmen ihren Beruf weiterhin ernst, rücken aber ihre körperliche und psychische Gesundheit in den Fokus und sind deshalb nicht mehr bereit für zusätzliches Engagement.

Woher kommt der Einstellungswandel?

  • Die Belastungsgrenze ist erreicht: Oft ist das Personal so knapp bemessen, dass nur mit Extra-Arbeit das Arbeitspensum bewältigt werden kann. Mehr als ein Drittel der Beschäftigten fühlt sich aufgrund der Arbeit ausgebrannt.
  • Schädliche Auswirkungen beruflicher Überlastung: Nicht nur Gesundheit und Wohlbefinden sind zunehmend gefährdet, auch die Gestaltung von sozialen Beziehungen im Privatleben wird schwieriger.
  • Fehlende Wertschätzung: Beschäftigten erleben, dass Extra-Arbeit dauerhaft eingeplant ist und sie deshalb selbst eine Grenze setzen müssen.

Mit Quiet Quitting eine gesunde Arbeitskultur durchsetzen?

  • Allerdings ist es nicht einfach, Quiet Quitting in die Praxis umzusetzen. Die Gründe liegen auf der Hand:
  • Wenn der unerledigte Arbeitsberg im Team von Tag zu Tag wächst, entsteht hoher psychischer Druck.
  • Es steigt das Risiko, in Konflikte mit Kolleginnen und Kollegen zu geraten, die von anderen erwarten, sich genauso ins Zeug zu legen wie sie selbst. Zugleich schwindet die Anerkennung.
  • In Berufen wie im Gesundheitswesen kann die Begrenzung der Arbeitsleistung bei zu geringer Personalausstattung zur Gefährdung von Menschen führen.

Was können Interessenvertretungen tun?

Beschäftigte können über die zu hohe Arbeitsbelastung im Team sprechen und sich darüber austauschen, wie sie verringert werden kann. Der Vorteil: Durch das gemeinsame Vorgehen schützen sich die Teammitglieder davor, gegeneinander ausgespielt zu werden. Hierbei spielen betriebliche Interessenvertretungen eine wichtige Rolle: Sie können Überlastung und Leistungskultur thematisieren und deutlich machen, dass es sich nicht um individuelle Probleme handelt. Dadurch schaffen sie ein Klima, in dem Einzelne überhaupt den Mut fassen, über die eigene Belastung zu sprechen. Außerdem können die Interessenvertretungen gemeinsam mit den Beschäftigten Strategien zum Schutz der Einzelnen entwickeln, wenn sich Teams dafür entscheiden, keine Extra-Arbeit mehr zu leisten und die Leistungsverausgabung auf ein gesundes Maß zu begrenzen.