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Virtuelle Betriebsratssitzungen regelkonform durchführen

Waren sie bis vor nicht allzu langer Zeit noch die absolute Ausnahme, sind sie während der Pandemie zum neuen Standard geworden: virtuelle Betriebsratssitzungen. Mittlerweile haben sich viele Gremien mit Sitzungen per Video und Telefon arrangiert oder sie sogar lieben gelernt. Seit dem 18. Juni 2021 sind gemäß § 30 Betriebsrätemodernisierungsgesetz Video- und Telefonkonferenzen nun dauerhaft möglich. Sie sollen jedoch die Ausnahme bleiben.

Welche Voraussetzungen für virtuelle Betriebsratssitzungen sind eigentlich zu beachten?

Schaut man sich den novellierten § 30 im BetrVG an, so fällt auf, das gemäß Abs. 1 Präsenzsitzungen weiterhin Vorrang haben. Um abweichend von der „Standardpräsenzsitzung“ eine Betriebsratssitzung per Video- und Telefonkonferenz durchzuführen, sind gemäß § 30 BetrVG Abs. 2 folgende Punkte zu beachten:

  1. Damit eine virtuelle Betriebsratssitzung stattfinden kann, muss der Betriebsrat die Voraussetzungen für eine Teilnahme an einer virtuellen Betriebsratssitzung unter Sicherung des Vorrangs der Präsenzsitzung in einer Geschäftsordnung festlegen.
  2. Die Nutzung von Video- oder Telefonkonferenzen ist nur dann zulässig, wenn nicht zuvor ein Viertel der Mitglieder des Betriebsrats binnen einer vom Vorsitzenden zu bestimmenden Frist dem Verfahren widerspricht.
  3. Es ist sicherzustellen, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen können.
  4. Eine Aufzeichnung der Sitzung ist nicht erlaubt.

Fazit:
Um weiterhin rechtssicher virtuelle Sitzungen abhalten zu können und wirksame Beschlüsse zu fassen, ist die bestehende Geschäftsordnung entsprechend anzupassen oder eine neue zu erstellen

Was gehört in die Geschäftsordnung einer virtuellen Betriebsratssitzung

Virtuelle Betriebsratssitzungen laufen etwas anders ab als ein Austausch von Angesicht zu Angesicht. Hier gilt es besondere „Spielregeln“ zu beachten. Die folgende Kurzübersicht zeigt auf, welche Fragen in einer Geschäftsordnung unter anderem beantwortet werden sollten, um reibungslose Video- oder Telefonkonferenzen sicherzustellen:

  • Wie möchten wir den Vorrang von Präsenzsitzungen bei uns konkret regeln?
  • Wie laden wir zu Sitzungen ein?
  • Wo wird die Tagesordnung abgelegt?
  • Wie gehen wir mit Widersprüchen um?
  • Welche Verhaltensregeln für virtuelle Sitzungen sind vorgeschrieben?
     
  • Wie dokumentieren wir Anwesenheiten?
  • Was muss beim Protokoll der virtuellen Sitzung beachtet werden?
  • Wie fassen wir Beschlüsse bei virtuellen und bei gemischten (hybriden) Sitzungen?
  • Wie stellen wir eine geheime Abstimmung sicher?

Diese und weitere Punkte sollten in einer Geschäftsordnung schriftlich festgehalten werden. Ebenfalls wichtige Regelungspunkte in diesem Papier:

  • Die Bestimmung von Ort und Zeit der Betriebsratssitzungen
  • eine Festlegung und Verteilung von Aufgaben
  • die Benennung von Zuständigkeiten
  • Festlegung von Erreichbarkeiten für Belegschaft und Geschäftsführung
  • Regeln für die Betriebsversammlungen
  • Information der Belegschaft (wie zum Beispiel Aushänge, Rundmails…)

Die neue Geschäftsordnung muss gemäß § 36 BetrVG mit absoluter Mehrheit im Betriebsrat beschlossen werden.

Gut zu wissen!

Wird die Betriebsratssitzung in Präsenz durchgeführt und zusätzlich die Möglichkeit einer Beteiligung per Video und/oder Telefon gegeben, gilt eine Teilnahme vor Ort als erforderlich. Hierdurch ist klargestellt, dass Betriebsräte nicht gezwungen werden können, auf eine Teilnahme vor Ort aus Kostengründen zu verzichten.