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Leiharbeitskräfte – Eine unsichtbare Risikogruppe

TBS-Berater*innen Katja Köhler und Johannes Beckmann über Leiharbeit in Zeiten von Corona

Um die sozialen Auswirkungen der Corona-Krise abzufedern, hat die Bundesregierung das Kurzarbeitergeld auch für Leiharbeitskräfte zugänglich gemacht. Ein Tropfen auf dem heißen Stein. Ein Großteil von ihnen verdient deutlich weniger als die vergleichbare Stammbelegschaft und ist häufig in den unteren Entgeltgruppen eingruppiert. Dies wirkt sich bei Kurzarbeit besonders nachteilig aus, wenn Beschäftigte nur 60 bzw. 67% des Nettoentgelts erhalten. Nicht selten wird eine Aufstockung durch das Jobcenter erforderlich – eine unsichtbare Risikogruppe.
Unterschiede zwischen den Arbeitsbedingungen von Stammbeschäftigten und Leiharbeitskräften äußern sich nicht nur finanziell, sondern auch in den Arbeitszeiten oder Tätigkeiten. Für unbeliebte Schichten oder Tätigkeiten werden in einigen Betrieben Leiharbeitskräfte eingesetzt.

Gute Betriebsratsarbeit bedeutet, Leiharbeitskräften eine Stimme zu geben

Um die Arbeitsbedingungen zu verbessern, können Rahmenbedingungen in einer Betriebsvereinbarung geregelt werden. So können auch in Krisenzeiten soziale Härten abgefedert werden. Interessant sind vor allem folgende Regelungsgegenstände:

  • Begrenzung des Einsatzes
    Leiharbeit dient dazu, Auftragsspitzen abzufedern. Sie darf keine kostenarme, schnelle Lösung der Personalreduktion ohne Sozialauswahl und Abfindungen sein. Deshalb sollten in einer Vereinbarung klare Kriterien für den Einsatzort, die Anzahl und die Dauer der Einsätze definiert sein.
  • Vergütung
    In einer Betriebsvereinbarung kann gleicher Lohn für gleiche Arbeit (Equal Pay) ab dem ersten Tag geregelt werden. Dies hat der Einsatzbetrieb im Überlassungsvertrag mit der Zeitarbeitsfirma zu fixieren. Die höhere Entlohnung führt später auch zu einer verbesserten Bemessung von Kurzarbeiter- oder Arbeitslosengeld.
  • Arbeitsschutz
    Für Beschäftigte in verschiedenen Betrieben ist auch der Arbeits- und Gesundheitsschutz wichtig. Vereinbarungen zwischen Ver- und Entleiher sollten vorgelegt und vom Betriebsrat geprüft werden. Außerdem sind Leiharbeitskräfte im Pandemieplan zu berücksichtigen.
  • Auswahl des Zeitarbeitsunternehmens
    In der Betriebsvereinbarung können Kriterien für die Auswahl der Zeitarbeitsfirma fixiert werden, etwa dass beispielsweise ein Betriebsrat vorhanden sein muss. Gerade mit Blick auf Kurzarbeitergeld erhöht dies die Wahrscheinlichkeit für Aufstockungsbeträge.
  • Beschäftigungssicherung auch bei Leiharbeit
    Sollen Leiharbeitskräfte abgemeldet werden, kann der Betriebsrat auch ohne Betriebsvereinbarung einschreiten. Auf Grundlage von § 92 a) BetrVG kann er sich dafür einsetzen, alternative Arbeitsplätze im Unternehmen oder Konzern mit den Betroffenen zu besetzen. Es können auch Vereinbarungen mit dem Arbeitgeber geschlossen werden, mit welchen die Leiharbeitskräfte bei Wiedereinstieg ihr ursprüngliches Lohnniveau behalten.

All diese Empfehlungen sind keine Selbstläufer, sondern erfordern die Initiative der Interessenvertretung.