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Zeitenwende für die Interessenvertretung? Interessenvertretungen in der Transformation

Erst Corona, dann Lieferkettenengpässe, Energiepreiskrise und Inflation: Immer mehr Betriebe sehen sich gerade jetzt enormen Belastungen ausgesetzt. Belastungen, die existenzbedrohend wirken können – sowohl für die Unternehmen als auch für deren Beschäftigte und ihre Arbeitsplätze. Unternehmensleitungen sind also gerade jetzt vielfach gefordert, Krisenmanagement zu betreiben. Gleiches gilt auch für die betrieblichen Interessenvertretungen der Beschäftigten. Dabei geht es oft nicht nur um kurzfristiges Agieren, sondern angesichts langfristiger Strukturveränderungen auch um grundlegende Neuausrichtungen. Die großen Transformationstrends unserer Zeit, die Dekarbonisierung (Ablösung fossiler Energieträger und CO2-Reduzierung), die Digitalisierung, der Demografische Wandel sowie der Aufbau (und gleichzeitig die Anfälligkeit) globaler, internationaler Wertschöpfungsketten zeigen sich aktuell betrieblich folgenreicher denn je.


Das klingt nach Mammutaufgaben – gerade auch für die Interessenvertretung. Doch, welche Rolle kann sie in diesem Zusammenhang überhaupt spielen? Und wo sind vielleicht auch Grenzen? Diesen Fragen sind wir jüngst im Rahmen eines überbetrieblichen Online-Workshops unseres über den Europäischen Sozialfonds und das Arbeitsministerium NRW geförderten TBS-Projektes „Transformation gestalten – Orientierung für Interessenvertretungen“ nachgegangen. Dabei haben wir die Teilnehmenden unter anderem danach gefragt, welche Schwierigkeiten sie aktuell für sich sehen, die sie an einem eigenen aktiven Krisenmanagement hindern. Von den über dreißig Teilnehmenden des Workshops haben dabei mehr als ein Drittel ausgesagt, dass ihre jeweiligen Arbeitgeber in Sachen Krisenbewältigung und Transformationsgestaltung noch immer eher allein handeln.

Eine Beteiligung der Interessenvertretung an wichtigen Zukunftsentscheidungen, etwa im Rahmen eines betrieblichen Krisenstabes oder einer Steuerungsgruppe, ist dagegen die Ausnahme. Insbesondere auch fehlende Informationen und zu wenig Wissen über relevante Veränderungsthemen werden als zusätzliche Defizite ausgemacht. Auch wenn die Antworten aus unserem Workshop vielleicht nicht statistisch repräsentativ sind, so stellt sich doch die Frage: Wie können sich Interessenvertretungen angesichts der schwierigen Ausgangslage besser aufstellen? Ist vielleicht eine grundsätzliche Neuausrichtung der Rolle des Betriebsrats erforderlich? Muss die Betriebsratsarbeit geradezu „neu erfunden werden“? Mit neuen Wegen der Interessenvertretungsarbeit, mit unternehmensstrategischer Mitsprache und viel stärker ausgeprägter direkter Beteiligung der Beschäftigten? Und reichen hierzu die gesetzlichen Möglichkeiten, etwa im Rahmen des Betriebsverfassungsgesetzes? Im Rahmen unseres nächsten Online-Workshops mit dem Titel „Zeitenwende für die Mitbestimmung“ bieten wir interessierten Betriebsräten, Personalräten und Mitarbeitervertretungen am 25.11.2022, 9-12 Uhr, erneut ein Forum zur Diskussion dieser und vieler weiterer Fragen. Mehr hierzu und zu Möglichkeiten der Anmeldung unter: www.tbs-nrw.de. Außerdem besteht auch noch für alle Interessierten die Möglichkeit, an unserer aktuellen Abfrage zur Situation in den Betrieben teilzunehmen.

Hier geht es zur Umfrage.

Die Befragung erfolgt anonym, ohne Rückschluss auf das jeweilige Unternehmen.
 
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