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New Work, Desk-Sharing und Co. – das neue Normal mitgestalten?

TBS-Beraterin Katja Köhler über ein Praxisbeispiel für die beteiligungsorientierte Gestaltung neuer Arbeitswelten


Seit Corona und der weiterhin zunehmenden Digitalisierung gehören mobile Arbeit und Home-Office für viele Beschäftigte zum „neuen Normal“. In der Folge sind Büros vermehrt leer und Beschäftigte treffen nicht mehr automatisch auf ihre Kolleg*innen vor Ort. Doch wie soll Zusammenarbeit aussehen, wenn ein Teil der Belegschaft nicht mehr vor Ort ist? Dies stellt Arbeitgeber und Interessenvertretungen vor neue Herausforderungen.

Ein „Zurück“ zu einem Zustand ohne Home-Office ist meist undenkbar. Eine Konsequenz ist oftmals, die Büroflächen zu verkleinern und Desk-Sharing einzuführen. Dabei reduziert Desk-Sharing primär Kosten, ist aber keine Lösung für eine gute Zusammenarbeit und menschengerechte Arbeitsgestaltung. Hierfür braucht es ein gemeinsames Verständnis über Austausch, Kommunikation und die Bedeutung von sozialen Kontakten. Deshalb sollten diese Fragen in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung geregelt werden.

Neue Arbeitsformen und Büroraumgestaltung sind eng miteinander verzahnt

Zudem steht die Frage im Raum: Was erhöht die Attraktivität des Büros? Welche Rahmenbedingungen und Anreize braucht es, um das Büro als Mehrwert und nicht als „störendes Übel“ in der Woche wahrzunehmen? Wie sind hierfür Büroräume zu gestalten? Bei diesen Fragen gilt es, vielfältige Aspekte gleichermaßen zu regeln. Zum Beispiel technische Aspekte der Arbeitsplatzausstattung, organisatorische Aspekte wie Desk-Sharing und Arbeitsprozesse, Kommunikation und Vernetzung sowie den Arbeits- und Gesundheitsschutz.

Dabei steht kein Thema für sich allein: mobile Arbeit, Desk-Sharing und Büroraumgestaltung sind eng miteinander verzahnt. Der Gestaltungs- und Beratungsbedarf besteht branchenübergreifend. Deshalb möchte ich an dem folgenden Praxisbeispiel einen kooperativen Prozess für eine Neuausrichtung der bildschirm­gestützten Büroarbeit zwischen den beiden Betriebsparteien skizzieren. Diesen hatte die TBS fachlich und methodisch begleitet.

Praxisbeispiel: New Work beteiligungsorientiert gestalten

Betriebsrat und Arbeitgeber setzten sich als Konsequenz aus den Erfahrungen der Corona-Pandemie das Ziel, das „neue Normal“ gemeinsam zu gestalten. Dazu wurden Ideen und Konzepte für eine neue Großraumbüro-Pilotfläche entwickelt und erprobt. An diesen Prozess wurden auch die Beschäftigten beteiligt. So konnten deren Anforderungen und Ideen frühzeitig in den Prozess der Konzeptentwicklung einfließen. Hierbei ging es vor allem um die Gestaltung der Räume, um die Ausstattung der Arbeitsplätze sowie der Räume für Kommunikation und Zusammenarbeit. Insbesondere galt es, die durch Digitalisierung und mobile Arbeit veränderten Anforderungen zu berücksichtigen. Die neuen Arbeitsplätze und -räume sollten gleichermaßen Arbeit in Präsenz sowie hybrides Arbeiten unterstützen. Für dieses Vorhaben wurde eine Steuergruppe aus Betriebsrat, HR-Abteilung, Fachkraft für Arbeitssicherheit und bedarfsweise internen Fachexpert*innen gebildet.

So können Interessenvertretungen die Beschäftigten ins Boot holen

Was waren die wichtigsten Meilensteine für die Beschäftigten bei der Gestaltung des neuen Pilot-Büroraumkonzeptes? Den Ausgangspunkt bildete eine von der Steuergruppe mit Unterstützung der TBS realisierte Mitarbeitendenbefragung. Kernthemen waren u. a. Befürchtungen bei Großraumflächen, Präsenzzeiten sowie gewünschte Tätigkeiten während der Präsenzzeiten im Büro. Erfasst wurden auch die Anlässe für den fachlich-kollegialen Austausch und entsprechend erforderliche Flächen für Kommunikation. Ebenso wurden Bedarfe zur Arbeitsplatzausstattung (z. B. Hardware, Software) und zu den Arbeitsumgebungsbedingungen (Lärm/Ruhe) erfragt.

Hierbei konnte die Steuergruppe wichtige Erkenntnisse über die Wünsche und Sorgen der Beschäftigten gewinnen. Im Zentrum der Befürchtungen der Beschäftigten standen Belastungen durch Lärm und Arbeitsunterbrechungen. Als weiterer wichtiger Punkt wurde eine verbesserte technische Ausstattung identifiziert. In einem durch die TBS moderierten Workshop mit Mitarbeitenden und der Steuergruppe wurden die unterschiedlichen Bedarfe bewertet und Prototypen entwickelt.

Nach erfolgreicher Pilotphase erfolgt das Roll-out für das gesamte Unternehmen

Auf dieser Grundlage entwickelte die TBS eine Empfehlung für ein Raumkonzept. Dieses Konzept hat die Bürofläche in Ruhe und Kommunikationszonen unterteilt sowie Kreativräume und kollaborative Flächen abgebildet. Die Beschäftigten können dadurch entscheiden, in störungsfreien und geräuscharmen Bereichen zu arbeiten oder in Kommunikationszonen Gespräche, Telefonate, Videokonferenzen durchzuführen. Für Kleingruppen und hybrides Arbeiten sollen gesonderte Räume entstehen.

Das vorliegende Konzept wurde den Teams der geplanten Pilotfläche für eine Überprüfung vorgelegt und entsprechend den spezifischen Bedarfen angepasst. Nach der anschließenden Erprobung des Piloten soll mit einer weiteren Mitarbeitendenbefragung das Konzept für einen späteren Roll-out des New Work-Konzepts nochmal optimiert werden.

Ist in ihrem Betrieb ein ähnliches Vorhaben geplant? Hierbei unterstützen wir Sie gerne. Wir bieten praxisbezogene Seminare und stehen Ihnen auch als externe Sachverständige zur Verfügung.

Sie haben noch Fragen? Dann kontaktieren Sie uns gern.

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