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Restrukturierung von Unternehmen: Rechte der Interessenvertretungen gestärkt

TBS-Berater:innen Dr. Kathrin Drews, Katja Köhler und Dr. Christoph Grüninger über das neue Stabilisierungs- und Restrukturierungsgesetz (StaRUG)

Zum 1. Januar 2021 ist ein Gesetz mit einem äußerst sperrigen Namen in Kraft getreten: das so genannte Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz (SanInsFoG). „Herzstück“ dieses Pakets ist das Stabilisierungs- und Restrukturierungsgesetz, kurz auch StaRUG genannt. Die zentrale Zielrichtung dieser Norm: Bei Unternehmen, die von Insolvenz bedroht sind, hat die Restrukturierung, also das nachhaltige Wieder-fit-machen Vorrang vor der Abwicklung. Eine für Unternehmen attraktive Option, wie Pia Erdmann, Rechtsanwältin und Expertin für insolvenznahe Betriebsfortführung in der Kanzlei Flöther & Wissing betont:

„Die neuen gesetzlichen Möglichkeiten erlauben es Unternehmen, sich von einem möglicherweise erdrückenden Schuldenrucksack befreien zu können – ohne sich mit dem „Makel“ eines Insolvenzverfahrens belasten zu müssen.“

Aber auch für Interessenvertretungen ist das verabschiedete Gesetz von Vorteil, weil es – dank des Einsatzes der DGB-Gewerkschaften – ihre Rechte stärkt. Im Vorfeld einer Insolvenz und im Zuge der Restrukturierung kann das Gericht einen sogenannten Gläubigerbeirat einsetzen, dem Arbeitnehmervertreter:innen angehören, darunter laut Gesetz auch Gewerkschaftsvertreter:innen (§ 93 Abs. 1 Satz 2 StaRUG). Dieser Gläubigerbeirat

„unterstützt und überwacht die Geschäftsführung im Rahmen der Restrukturierung. Es ist also sinnvoll, wenn hier Arbeitnehmervertreter – die ja das Unternehmen neben den Geschäftsleitern häufig am besten kennen – an Bord sind.“

so Hendrik Engelmann, Rechtsanwalt und Arbeitsrechtsexperte bei Flöther & Wissing.

Möglichkeiten der Mitwirkung, wenn kein Gläubigerbeirat eingesetzt wird

Sollte das Gericht keinen Gläubigerbeirat einsetzen, kann die Interessenvertretung bei Gericht initiativ werden, um die Einsetzung doch noch zu erwirken. Aber daran ist das Gericht nicht gebunden. Deshalb sollten die Arbeitnehmervertreter:innen die anderen vorhandenen Instrumente der Mitwirkung nutzen, insbesondere den § 80 BetrVG (Informationsrechte in puncto Personal) und den § 106 BetrVG (Informationsrechte bezüglich der wirtschaftlichen Angelegenheiten). Auf dieser Grundlage sollte die Interessenvertretung die Inhalte der Restrukturierungsabsprachen in Erfahrung bringen und vor Verhandlungen über personelle Maßnahmen ein Mitspracherecht bei der Restrukturierungsplanung einfordern. Leider sind diese Informationsansprüche des Betriebsrates nicht ausdrücklich im StaRUG übernommen worden. Es muss sich also in der Praxis zeigen, inwieweit die Betriebsräte ihr Recht auf Beteiligung und rechtzeitige und umfassende Informierung durchsetzen können. In jedem Fall gilt: Hier ist eine offensive Herangehensweise geboten.

Besonders wichtig: Fristen beachten und externen Sachverstand hinzuziehe

Der Übergang von der Sanierfähigkeit eines Unternehmens zur Insolvenz kann fließend sein. Deshalb stellt sich die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt die Bestimmungen des StaRUG greifen und ab wann die Insolvenzordnung gilt. Maßstab ist hier die Liquiditätsplanung. Eine außergerichtliche Sanierung kann deutlich bevor eine drohende Zahlungsunfähigkeit erkennbar ist versucht werden (§ 1 StaRUG oder §§ 18, 19 InsO). Da es hier strenge Fristen zu beachten gilt und das Verfahren kompliziert ist, sollte auf professionelle Hilfe zurückgegriffen werden, etwa durch Sachverständige oder Fachjurist:innen etc.

Die neuen Regelungen des StaRUG sind für Unternehmen sehr komplex, wie der Insolvenzrechts- und Restrukturierungsexperte Prof. Dr. Lucas Flöther von Flöther & Wissing betont:

„Viele Geschäftsführer angeschlagener Firmen haben aktuell den Überblick verloren, welche Regeln für sie gelten, oder können ihre wirtschaftliche Lage nicht treffend einschätzen.“

Deshalb finden Unternehmen durch diese Krisen kaum ohne externe Lotsen ihren Weg. Das Management holt sich häufig Beratungsunternehmen mit ins Boot. Auch der Betriebsrat sollte überlegen, wie lange er warten will, bis er externe Unterstützung hinzuzieht. Im Sinne des StaRUG ist eine frühe Auseinandersetzung mit dem Sanierungsthema möglich und sinnvoll. Wir von der TBS helfen gerne mit Orientierungsberatung und Sachverstand bei diesem Thema weiter.